Kai Whittaker | Bundestagsabgeordneter
Kai Whittaker (*10.04.1985 in Baden-Baden) ist Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Rastatt. Seit seiner ersten Legislaturperiode ist er ordentliches Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales. Die Themen, die den Ausschuss A&S beschäftigen, sind ganz nah am Leben der Menschen: Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit, soziale Sicherungssysteme und Rente, Inklusion und Teilhabe.
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Harte Hand und offenes Herz: „Wir schaffen das“

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Auch für mich als Politiker ist es erstaunlich, wie schnell sich die Debatten ändern. Eben erst hing das Schicksal der Nation an den Hilfen für Griechenland, keine sechs Wochen später dreht sich alles um Flüchtlinge. Dabei merke ich auch, wie schwierig es ist, einen kühlen Kopf zu bewahren, um die Probleme zu lösen. Viele Bürger melden sich bei mir und sagen, sie hätten Angst, nicht mehr sagen zu können, was sie denken. Öffentliche und veröffentlichte Meinung klaffen auseinander. Die Menschen haben auch Angst vor so vielen Flüchtlingen. Allerdings wabert auch eine Menge Hysterie durch die sozialen Medien. Gleichzeitig gibt es eine Hilfsbereitschaft, die uns alle erstaunt. Während einige den Untergang Deutschlands befürchten, hoffen die anderen, mit dem Flüchtlingsstrom unser demografisches Problem und den Fachkräftemangel zu lösen.

Wir sollten diese Debatten aufmerksam im Blick behalten, aber sie helfen alle nicht weiter. Auch das Schwarze-Peter-Spiel ist völlig irrelevant. Hat die Kanzlerin Schuld am Flüchtlingsstrom mit Ihrer Entscheidung, Flüchtlinge aus Ungarn hierherzuholen? Es waren wohl eher die Bilder an den Bahnhöfen, wo Menschen applaudiert haben, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen. Auch die Türkei hat dazu beigetragen, indem ihre Polizei die Flüchtlingscamps geöffnet und die Schlagbäume hochgezogen hat, um sich Tausender Flüchtlinge zu entledigen.

Auch ein grimmiges Gesicht zu machen, nützt doch in der Sache nichts. Und genau so ist die Kernbotschaft „Wir schaffen das“ von Angela Merkel zu verstehen. Ja, die vielen Menschen sind eine Herausforderung. Ja, es wird nicht leicht, sie zu integrieren und ihnen unser Wertesystem beizubringen. Aber wir wissen auch, was unser Land schultern kann und was nicht. Ein deutsches Sprichwort sagt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.“ Wenn wir den Flüchtlingen mit Hass und Respektlosigkeit begegnen, werden wir genau das zurückbekommen. Wenn wir sie mit klarer und offener Haltung empfangen, haben wir die Chance, sie zu unseren Mitbürgern zu machen.

Deshalb ist die Asylverfahrensreform absolut richtig. Alle Balkanstaaten sind nun sichere Herkunftsstaaten. Das heißt, wir können Flüchtlinge aus diesen Ländern leichter abschieben. Flüchtlinge müssen nun bis zu 6 Monate in Erstaufnahmezentren bleiben bis sie registriert sind und ihr Verfahren abgeschlossen ist. Wer keinen Aufenthalt bekommt, dem werden die Sozialleistungen auf das physische Existenzminimum gekürzt. Sprich: es gibt ein Bett, was zu essen und Hygieneartikel. Außerdem gibt es kein Geld mehr, sondern nur noch Sachleistungen. Wer abgeschoben wird, bekommt dies vorher nicht mehr mitgeteilt. Eine Taskforce der Bundespolizei wird sich ausschließlich um die Beschaffung von Ausreisepapieren kümmern. Abschiebungen dürfen maximal nur noch für drei statt sechs Monate aufgeschoben werden. Wenn die Länder nicht selbst abschieben können, können sie die Bundespolizei um Hilfe bitten. Der Bund macht dann alles in Eigenregie. Es liegt jetzt an den Ländern, auch an der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg, ob sie dem Gesetz im Bundesrat zu stimmt und es auch konsequent anwendet.

Allerdings halte ich von Überbietungsorgien in Sachen „harter Asylpolitik“ nicht viel. Die Menschen erwarten von uns Lösungen, keine Parolen. Obergrenzen und Grenzzäune zum Beispiel werden uns nicht helfen. Angenommen wir einigen uns darauf, maximal 500.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Was machen wir mit dem 500.001-stem Flüchtling, der an deutsch-österreichischen Grenze steht? Und mit den 500.002-tem? Im besten Fall würden wir in kurzer Zeit tausende frei campierende Flüchtlinge mitten in Europa haben. Im schlechtesten Fall kommt es zu Schießereien zwischen unserer Grenzpolizei und den Flüchtlingen. Das halten wir mitten in Europa nicht aus.

Auch Grenzzäune helfen nichts. Der ungarische Zaun hat keinen Flüchtling davon abgehalten, nach Europa zu kommen. Gerade in diesen Tagen sollte es uns doch klar sein, dass Zäune die Menschen nicht aufhalten. Am Samstag feiern wir 25 Jahre Deutsche Einheit. Warum? Weil die tödlichste Grenze in Europa es nicht vermocht hatte, den freien Willen von 17 Millionen Menschen einzusperren.

Nein, wenn wir die Flüchtlingskrise wirklich bekämpfen wollen, dann müssen wir uns die Fluchtursache anschauen. Dazu brauchen wir eine nüchterne Außenpolitik, keine moralisierende. In Syrien kämpft Assad gegen die eigene Bevölkerung und den Islamischen Staat. Uns mag Assad nicht gefallen, aber wir müssen ihn akzeptieren und mit ihm reden. Anstatt stabile, wenn auch nichtdemokratische Staaten zu zerstören, müssen wir mit ihnen zusammenarbeiten. Ich fürchte, dass gegen den islamischen Staat wohl nur ein militärisches Eingreifen übrig bleibt. Solange wir als Deutsche und Europäer nicht bereit sind, uns der Probleme um Europa herum anzunehmen, solange müssen wir damit leben, dass die Probleme zu uns kommen. Das ist die zweite Kernbotschaft von Angela Merkel: „Es ist eine europäische Herausforderung“.

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