
Viel Lärm um den Mindestlohn
In den letzten Wochen gab es viel Aufregung um den Mindestlohn. Vor allem die Pflicht, die Arbeitszeiten der Beschäftigten aufzuschreiben, wird als bürokratisches Monster bezeichnet. Ich war nie ein großer Fan des Mindestlohngesetzes.
Allerdings möchte ich einige Dinge richtigstellen: Zum einen wird die Doku-Pflicht komplizierter aufgebauscht, als sie in Wahrheit ist. Darüber hinaus sind die meisten Probleme gar nicht im Mindestlohn, sondern im Arbeitszeitgesetz zu finden.
Im Juli 2014 haben wir das Mindestlohngesetz beschlossen. In den Monaten davor haben wir die vielen bürokratischen Probleme angesprochen. Einiges konnten wir entschärfen, zum Beispiel, dass Praktikanten erst nach drei Monaten unter den Mindestlohn fallen. Die Regelungen sind seit sechs Monaten bekannt. Lediglich eine Verordnung kam im Dezember hinzu, welche die Lohngrenze festlegt, ab wann ein Arbeitnehmer nicht mehr Stunden aufschreiben muss.
Nun habe ich aber erlebt, dass viele Unternehmer verunsichert sind, wie genau sie die Arbeitszeiten dokumentieren müssen. Zum Teil werden sie schlicht falsch beraten. Dabei ist es relativ einfach. Es gibt im Prinzip drei Gruppen, die Stunden schreiben müssen:
Zum einen sind das alle Beschäftigte, die bis zu 2.958 Euro im Monat brutto verdienen und in einer der neun Branchen nach §2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz arbeiten. Das sind zum Beispiel das Bauhandwerk, die Gastronomie, die Gebäudereiniger oder auch das Fleischhandwerk. Das sind klassische Branchen, von denen Experten sagen, dass dort Schwarzarbeit verbreitet ist.
Die zweite Gruppe betrifft alle Branchen, die im Arbeitnehmerentsendegesetz sind. Diese Branchen dürfen bis zum 01.01.2017 weniger als die 8,50 Euro Mindestlohn bezahlen, müssen dafür aber die Stunden dokumentieren.
Die dritte Gruppe sind alle 450-Euro-Jobber, wobei die „haushaltsnahen Dienstleistungen“ ausgenommen sind. Die heimische Putzkraft muss also beispielsweise keine Stunden aufschreiben.
Für alle Gruppen gilt: Man muss nur Anfang, Ende und Dauer der Arbeitszeiten aufschreiben. Wer also um 8 Uhr ins Büro kommt, um 9:30 Uhr eine Viertelstunde Kaffeepause macht, um 13 Uhr für eine Stunde in die Mittagspause geht und um 19 Uhr das Büro verlässt, der schreibt nur auf: 8 Uhr, 19 Uhr, 9,75 Stunden. Das Ganze reicht auf einem einfachen Blatt Papier, auf dem noch der Name des Arbeitnehmers und das Datum hervorgeht. Es braucht nicht einmal eine Unterschrift des Beschäftigten oder Arbeitgebers.
Natürlich gibt es bei der praktischen Umsetzung ein paar Probleme. Das betrifft zum Beispiel die Schausteller. Wenn ein Riesenradbetreiber gestern in Rastatt ankommt, heute das Rad aufbauen muss, damit morgen der Rummel beginnt, hat er ein Problem. Nicht, weil er Mindestlohn bezahlen muss, sondern weil er eigentlich nur maximal 12 Stunden am Tag arbeiten darf. Das wird ihm nicht reichen. Damit hat er aber kein Problem mit dem Mindestlohngesetz, sondern mit dem Arbeitszeitgesetz.
Ein Problem gibt es auch bei den Amateursportlern. Die haben formal meistens einen Arbeitsvertrag, bekommen aber kaum Geld, so dass der Mindestlohn nicht eingehalten werden kann. Dazu wird es noch einmal ein Spitzengespräch im Arbeitsministerium geben, um hier einfache Abhilfe zu schaffen. Übrigens finden diese Gespräche auch für alle anderen Branchen statt, die ganz praktische Probleme haben. Darauf haben wir als Union gedrängt.
Der Mindestlohn wird für einige Branchen deshalb zum Problem, weil nun zum ersten Mal ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz mit Strafen versehen ist. Da das Arbeitszeitgesetz von den Ländern nie überprüft wurde, konnten einige Branchen länger arbeiten, als sie legal durften. Durch die Dokumentationspflicht fliegt dieses Prinzip nun auf und kann teuer werden.
Eines dürfen wir bei der Diskussion nicht vergessen. Eine überwältigende Mehrheit in Deutschland will den Mindestlohn. Der Mindestlohn bezieht sich auf einen Stundenlohn. Es ist daher nur logisch, die Stunden aufzuschreiben. Sonst ergibt ein Mindestlohn keinen Sinn.